Schönheit liegt im Auge des Betrachtenden, so das alte Sprichwort. Soll heißen, was als schön empfunden wird, entscheidet jeder selbst. In der Realität sieht es aber oft anders aus. Denn wir sind in unserer Meinungsbildung oft beeinflusst durch unser Umfeld. Sämtliche Medien, Freunde, Familie und Kollegen tragen durch ihre eigenen Meinungen und Reaktionen im Austausch mit uns auch dazu bei, wie wir selbst die Dinge finden.
Wer gut aussehen will, der muss mit der Zeit gehen und sich modern kleiden. Wer ganz im Trend liegen will, muss die aktuellen Trends auch mitmachen. Schaut man in die gängigen Medien und informiert sich darin über Mode und Trends, könnte man tatsächlich viele Artikel und Sendungen in eben jenen zwei Sätzen zusammenfassen. Durch Fernsehen, Zeitschriften und das World Wide Web werden Trends häufig bereits vorgegeben. Bei YouTube kann man sogar live dabei sein, wenn ein Trend entsteht. Wenn sich hier etwas Neues wie ein Lauffeuer verbreitet, nennt sich das viral. Der Begriff kommt daher, weil der Inhalt besonders ansteckend wirkt und jeder Klick einen Menschen darstellt, der virtuell über den Zaun lugt und dieses Video sehen möchte. Dass es sich hierbei nicht nur um niedliche Katzenvideos handelt, wird spätestens da deutlich, wo Hunderttausende oder Millionen von Klicks gemacht werden. Dort wo die virtuellen Daumen hoch gehen, gehen die Meinungen häufig in eine Richtung. Auch der Daumen nach unten wird genutzt. Sind die Meinungen sehr gegensätzlich, was sich aus den Kommentaren unter den Videos ergeben kann, spricht der Volksmund von Polarisation: Diese eine Sache teilt das Publikum sozusagen in zwei Teile. Die eine Hälfte findet es gut, die andere eben nicht. Der Mensch ist halt ein echtes Herdentier. Da ist man geneigt, sich auf eine der beiden Seiten zu schlagen. Es wird an Inhalt verbreitet, was besonders witzig, cool, herzerwärmend oder auch besonders dämlich, waghalsig oder frech ist. So schwimmt der Zuschauer so manches Mal mit dem Meinungsstrom bei Themen mit, die man durch Zufall angeklickt hat und die einen gar nicht primär interessieren. Bei wieder anderen Dingen wird man selbst stets in der eigenen Meinung bestätigt. Das kann sogar zu einer Blase führen, in der andere Meinungen gar nicht mehr vorkommen. Das Internet sortiert ja tatsächlich durch Algorithmen bereits vorab aus, was wir mögen und was eher nicht. Personalisierte Inhalte wird das genannt. Die Zustimmung erteilen wir gern bei Nutzung der Dienste, damit wir nicht aufgehalten werden und schnell unsere Suche durchführen können. Dadurch behalten wir auf längere Sicht unseren Kurs und unsere Meinungen bei, denn auf Dauer verlieren sich andere Inhalte und werden bei einer Suchmaschinenanfrage möglicherweise erst ein paar hundert Seiten später angezeigt. Wer klickt sich da noch durch? Vermutlich sind das die wenigsten, die das auch Durchschauen.
Wie wirkt sich nun diese schnelle und moderne Art der Meinungsbildung über die heutigen Medien aus? Häufig wird der gerade angeschaute Inhalt einfach schnell weiter geleitet und gar nicht weiter darüber nachgedacht. Dennoch ist dies Teil dessen, was zur Bildung des eigenen Weltbildes eines jeden Menschen beiträgt.
Medieninhalte unkritisch einfach als gesetzt zu betrachten, kann sogar gefährlich sein, wie ein Blick auf die zu dünnen Models der letzten Jahrzehnte zeigt. Hier wird nur ein sehr kleiner Teil der Branche sichtbar gemacht und ein großer Teil der tatsächlichen Realität verschwindet hinter einem plakativen und erstrebenswert erscheinenden Inhalt. Oft ist die Realität auch durch Photoshop geschönt. Wer kennt nicht das Video, wo durch Bildbearbeitung im Zeitraffer aus einer Pizza eine Bikini Schönheit wird? Wer über Jahre hinweg Zeitschriften in Wartezimmern konsumiert, in denen durch eine knallharte Branche ein verzerrtes Bild von gutem Aussehen erzeugt wird, geht irgendwann davon aus, dies sei der Inbegriff guten Aussehens. An dieser Messlatte muss dann unweigerlich jeder Mensch scheitern, der sein Spiegelbild mit den Medieninhalten vergleicht.
Wer allerdings eher Wert auf den Neid anderer Menschen legt, gibt am besten eine Menge Geld für materielle Dinge aus. Wer immer das neueste Smartphone oder Automodell besitzt, zeigt gern nach außen, was er hat. Hier werden auch immer wieder neue Trends geschaffen und Bedürfnisse beim Endverbraucher geweckt. Das spiegelt seit Jahrhunderten schon wider, welchen Status man besitzt und was man sich leisten kann. Kleider machen Leute. Das wusste schon das Märchen über den Kaiser mit seinen neuen Kleidern. Doch auch die aktuelle Mode ist stets davon betroffen. Wer auf Äußerlichkeiten Wert legt, ist auch am liebsten immer up to date gekleidet. Was hierbei gut aussieht, entscheidet sich häufig dadurch, was die breite Masse an Menschen gut findet, was teuer ist und deshalb nicht jeder kaufen kann. Auf den roten Teppichen dieser Welt ist auch stets jedes Kleidungsstück teuer und rar.
Wer den Mechanismus der öffentlichen Meinung durchschaut hat, hat daher die Wahl. Ob wirklich jeder Trend mitgemacht werden muss? Nunja, wie war das gleich noch? Schönheit liegt stets im Auge des Betrachtenden. Und ab und zu einmal nicht im Trend zu liegen, sondern selbstbewusst ein eigenes Ding zu machen, ist ja auch aktuell und irgendwie trendy, oder?